Fressen, Kunst und Puderquaste

Moment mal…

Heute:
Danielle

Ich weiß nicht warum, denn ich habe sie schon seit 20 Jahren nicht mehr gesehen aber heute dachte ich an Danielle. Danielle war an meiner Schule aber nie in meiner Klasse. Ich glaube sie war sogar ein oder zwei Klassen höher als ich. Ich war damals grade 13 und sie muss schon 14 oder 15 gewesen sein. Sie war überdurchschnittlich groß für ihr Alter und sah eigentlich recht ansehnlich aus. Sie hatte ein schönes Gesicht ein sehr schönes Lächeln und gehörig Holz vor der Tür, was den Jungs natürlich nicht entging. Doch zog sie sich immer etwas seltsam an, denn alle anderen Mädchen waren nicht so angezogen wie sie. Aber vielleicht mag es auch nur eine Täuschung gewesen sein ob ihrer Größe. Sie zwängte sich in knallenge Jeans trug dazu Cowboystiefel und weite Pullis und Jacken. Wegen ihrem gewaltigen Busen standen die Teile aber immer nach unten weit ab, so dass es insgesamt ein Bild ergab von einer Kugel auf Stelzen. Ihre Haare sahen immer aus wie eine Explosion mit anschließendem Schockfrosten.
Doch Danielle war nett, zumindest zu mir, was ich zur Zeit nicht von allen behaupten kann. Ich war alles andere als schön und groß, im Gegenteil ich war immer etwas kleiner und hatte ein Kratergesicht wegen der Pickel. Doch sie akzeptierte mich so wie ich war ohne Vorbehalte, was äußerst selten war. Wir fuhren oft gemeinsam mit dem Bus und Danielle redete und redete. Dabei hatte sie nur ein Thema was aber unerschöpflich schien. Jungs.
Sie erzählte mir dass mit diesem oder jenem zusammen sei, nannte dabei Namen so als ob ich alle kennen müsste, dabei kannte ich keinen einzigen davon. “Ich bin seit einer Woche mit Sowieso zusammen. Er hat ein Wagen und wir waren am Samstag in der und der Disco.”
Danielle hatte natürlich nie Probleme irgendwo reinzukommen, da jeder sie für viel älter hielt als sie war.
“Dort habe ich dann mit ihm Schluss gemacht weil er nicht mit mir tanzen wollte. Dann habe ich einen anderen kennengelernt der auch einen Wagen hat und ihn gefragt ob er jetzt mit mir gehen wolle. Er sagte ja und hat mich dann später nach Hause gebracht. Am Ende als wir gehen wollten habe ich dem Typen davor noch eine geknallt weil er dann doch tanzte aber mit einer anderen. Und der Nutte mit der er zusammen war habe ich ein blaues Auge verpasst.”
Danielle war sich nie zu schade andere Mädchen zu vermöbeln. Als ich sie dann ein paar Tage später wiedersah und sie nach dem neuen Typen fragte sagte sie nur: “Ach der. Ich habe jetzt jemand anders mit dem ich schon mal vor einem Jahr zusammen war.” So war das immer bei Danielle. Manchmal wechselten die Jungs bei ihr im Stundentakt. Sie fing etwas mit einem Typen von den oberen Klassen im Schulhof an, knutschte in der Pause mit ihm rum und in der Mittagspause hatte sie wieder jemand anders mit dem sie dann händchenhaltend in Bus stieg. Sie suchte sich vornehmlich immer Typen aus die ein Stück älter waren als sie, möglichst schon achtzehn waren, mit fahrbarem Untersatz. Sie ver- und entliebte sich so rasend schnell, wie ich es bei keinem anderen Mitschüler sah. Doch für sie war das völlig normal. Man MUSSTE schließlich mit jemandem zusammen sein. Ob sie mit allen auch ins Bett stieg, weiß ich nicht, denn davon redete sie nie. Aber ich glaube sie tat es.
Ein paar Jahre später als ich im ersten Friseurlehrjahr war, traf ich sie wieder. Äußerlich hatte sie sich nicht verändert doch trug jetzt immer einen Hut und jeden Tag einen anderen. Sie war im letzten Lehrjahr als Verkäuferin in einem Hutgeschäft.
Ihr Lieblingsthema war nach wie vor mit Männern zusammen zu sein. Eines Tages sah ich sie mit einem riesen Veilchen im Gesicht und sie erklärte mir dass der Typ mit dem sie zusammen sei VERGESSEN hatte mit seiner Ex Schluss zu machen. Sie hätte die beiden dann im Bett erwischt. Danielle war bei dem ganzen Handgemenge gegen die Tür geflogen und die Klinke hatte sie voll im Gesicht erwischt. Doch sie habe die andere Schlampe krankenhausreif geschlagen. Die Eltern des Typen hätten einen Krankenwagen und die Polizei verständigt und sie hätte eine Nacht auf der Polizeiwache zugebracht.
Als ich sie dann wieder sah war das Veilchen bereits verschwunden und sie war mit jemand anders zusammen, der nicht vergessen hatte die Ex davor vor die Tür zu setzen.
Irgendwann fragte ich Danielle ob sie kein anderes Gesprächsthema hätte als immer nur ihre Männergeschichten. Sie schaute mich verwundert an sagte dann plötzlich: “Wenn es dich nicht interessiert, wir müssen nicht miteinander reden.” Sie drehte sich um und ging.
Jahre später lernte ich einen Mann kennen der Danielle zu der Zeit auch kannte. Er lachte: ” Danielle war etwas wie ein Wanderpokal, ich und alle Kumpels hatten sie mindestens einmal.”

Ich habe Danielle nie wiedergesehen.

2 Kommentare

  1. Thierry

    Ich kannte auch einmal so ein Mädchen. Bloß war sie es immer, die “vergaß” mit einem Typen Schluss zu machen bevor sie sich den nächsten angelte. Ich fand das immer sehr irritierend, wenn sie einen neuen Typen anschleppte und ich wusste, dass sie nur fünf Minuten vorher einen anderen noch mit einem Kuss verabschiedet hatte und den Abends auch wiedersehen wollte. Wir haben dann irgendwann den Kontakt verloren, ich weiss nicht wirklich wieso, aber ich habe mich auch nie darum bemüht den Kontakt zu wahren oder gar wieder herzustellen. Es war und ist keine Lebenseinstellung, die ich respektieren kann.

    Ich habe seit nunmehr über drei Jahre nicht mehr an sie gedacht, und im Grunde genommen ist es mir auch egal was aus ihr geworden ist. Aber irgendwie ist es doch schön, sich für ein paar Minuten an einen Menschen zu erinnern, den man einmal in seinem Leben hatte.

    Es war wohl nicht dein Ziel so eine Erinnerung bei einem Leser auszulösen, aber trotzdem danke.

  2. Helmut

    Eine wirklich wunderschön erzählte Geschichte, die Sonnenschein in den heutigen grauen Tag bringt.

    Danke, Joel – und weiter so!!!

    Helmut

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