Fressen, Kunst und Puderquaste

Sehnsucht & Fernweh

Ich lese grade bei Joël, dass er ein wenig Fernweh hat, nach Orten an denen sich das “Leben” abspielt, Orte wo die Medien verstärkt darüber berichten…
Ich kenne dieses Gefühl nur allzu gut, zumal ich mehrfach in meinem Leben an Orten war auf die die ganze Welt schaute, oder zumindest ein Teil davon.

Ich saß im großen Saal in Cannes, als die Feierlichkeiten anlässlich des 50.Geburtstages der Filmfestspiele stattfanden und sie dazu alle (noch lebenden) Goldene Palme Gewinner der letzten 50 Jahre eingeladen hatten. Es war ein sehr bewegender Moment mit so vielen großartigen Filmregisseuren in einem Raum zu sein.
Ich war 10 Jahre lang bei den Festspielen in Cannes, ein Festival das jedes Jahr mehr Journalisten, Reporter und Medien auffahren lässt, als jede Olympiade.
Ich war vor Jahren mal in Berlin just an dem Tag als der Karneval der Kulturen stattfand, und ich konnte mich am gleichen Abend mehrfach in diversen Fernsehsendern und am Tag darauf in 2 verschiedenen Berliner Zeitungen bewundern. So viel ungewollte Medienaufmerksamkeit hatte ich noch nie.
Natürlich blieb das in Luxemburg nicht ungesehen und ein Freund meinte nur lapidar: ‘Du bass och emmer do wou eng Kaatz geschleeft get.’

Oh ja, ich weiß wie es sich anfühlt und die Sehnsucht danach es noch einmal zu erleben…

3 Kommentare

  1. Thierry

    Ich habe manchmal das Gefühl, Fernweh sei das Schicksal der heutigen Generationen. Vielleicht liegt das aber auch nur ganz einfach daran, dass Luxemburg ausser einer vorgetäuschten Sicherheit nichts zu bieten hat. Hier gibt es kein Abenteuer, hier lernt man nicht jeden Abend interessante Menschen kennen sondern sieht immer wieder die gleichen Gesichter in den Cafés, hier gibt es keinen Aufbruch denn “mir wölle bleiwe wat mir sinn” ist nicht bloß so dahergesagt, hier gibt es keine treibenden kreativen Kräfte die wirklich etwas bewegen könnten (was weniger am Mangel an Kreatiität, sondern vielmehr am kleinbürgerlichen Umfeld liegt), …

    “Watchtower” ist übrigens ein musikalisches Motiv in Battlestar Galactica und die Metapher dafür, sein wahres Selbst zu entdecken.

  2. Joël

    Ich habe manchmal das Gefühl, Fernweh sei das Schicksal der heutigen Generationen.

    Oh nein, nicht nur deiner Generation, das habe ich in deinem Alter auch gehabt. 😉

    Zudem finde ich die Aussage grade von dir äußerst überraschend, da du ja zwei drittel des Jahres im Ausland bist. Mal davon abgesehen dass ich nicht glaube dass du dort wo du bist die großen Abenteuer erlebst ( ist ja nicht Manhatten, oder Berlin Mitte…gell? 😉 ) aber befriedigt es dein Fernweh?

  3. Thierry

    Abenteuer gibt es genug, es ist immerhin eine Hauptstadt (die jüngste in Europa noch mit dazu :)) mit rund 320’000 Einwohnern und mit über 10 Millionen Touristen pro Jahr. Mehrere BBC Serien und eine Menge Filme werden dort gedreht, zum Ausgehen gibt es das gesamte Spektrum vom unterirdischen Punker Lokal über einschlägige Schwulendiskos bis hin zu Comedyclubs und Jazz Cafés, und anders als in Luxemburg stirbt die Fussgängerzone nicht um 18 Uhr aus. Manhatten oder Berlin Mitte ist das zwar natürlich nicht, aber ich bin dort trotzdem weitaus glücklicher als ich das jemals in Luxemburg war. Ich glaube, eine Millionenmetropole wäre auch gar nichts für mich. Ich finde Cardiff ja gerade deshalb so toll, weil es genug Menschen gibt damit man immer etwas erleben kann, aber nicht zuviel, dass man in einer anonymen Masse völlig untergehen würde.

    Mein Fernweh befriedigt es aber deshalb nicht, weil mein Fernweh sich auf ganz andere Ländere bezieht. Ich leide nicht unter Fernweh nur des Fernwehs wegen, ich will in ganze bestimmte Länder. 🙂 Als ich letzten Sommer in Skandinavien war, war mein Fernweh beispielsweise auf einmal verschwunden.

    Auch befriedigt das Ausland mein Fernweh nicht, weil ich ja in Cardiff zuhause bin. Luxemburg ist mein Ausland… Denn nach Luxemburg gehöre ich schon lange nicht mehr, hier habe ich 20 Jahre gelebt, die letzten paar Jahre davon unglücklich, und jetzt komme ich nur noch hierher um Familie und Freunde wiederzusehen.

© 2024 joel.lu

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