…über das ich berichten werde, werde ich ganz bewusst nicht namentlich nennen.
Ich kann mich noch verschwommen an das erste mal erinnern als ich dort war. Es war in den Achtzigern und es war Mai. Die Oktave der Muttergottes Wallfahrt hatte begonnen. Tante G. arbeitete für eine Wohlfahrtsorganisation. Das Jahr über war sie zuständig für die Kleiderausgabe an Bedürftige. Während der Oktave gibt es den sogenannten “Märtchen”. Tante G. hatte dort einen Stand ins Leben gerufen, der vor allem Rosenkränze und Götzenbilder verkaufte. Der Stand ging gut, und brachte der Organisation einen ordentlichen Batzen Geld ein. Während der Mittagspause ging Tante G. jeden Tag in dieses Restaurant essen.
Ich begleitete sie manchmal dorthin. Das Gerichte waren alle durchweg sehr französisch, mal von ein paar Luxemburger Spezialitäten abgesehen. Es ging zu wie in einem Taubenschlag. Es war mit die beste Brasserie in der Stadt.
Im Sommer letzten Jahres saß ich ein paar mal dort, weil sie eine schöne große Terrasse haben. Jetzt im Winter ist sie weggeräumt und ich nahm drinnen Platz, seit ewigen Zeiten wieder, eigentlich seit damals. Die Deko hat sich nicht verändert. Es sind noch immer die alten Holzverbtäfelungen, doch etwas heller gestrichen als früher. Die Tischanordnung ist immer noch die Gleiche. Ich nahm dort Platz wo ich früher immer mit Tante G. gesessen hatte. Es waren wenige Tische besetzt. Die Bedienungen sind alle schon fast im Rentenalter. Sehr freundlich sehr zuvorkommend, fast schon so wie man es nicht mehr gewohnt ist. Hier ist nichts locker-leger-loungig. Die Karte hat quasi noch die gleichen Brasserie Gerichte wie damals. Ich aß den Fischteller mit fünf verschiedenen Sorten Fisch in einer kleinen feinen würzigen Sahne Soße mit Reis dazu. Es schmeckte sehr gut.
Ich fühlte mich zurück in eine andere Zeit versetzt. Ich dachte an damals. Ich weiß noch, dass ich mich an einem Tag mit Tante G. dort verabredet hatte für Mittags, nachdem ich morgens ein Examen abgelegt hatte. Ich hatte die ganze Nacht dafür vor den Büchern gesessen mit viel Kaffee und hatte nicht eine Minute geschlafen. Das Erste das ich bestellte war ein Cognac den ich auf einen Schlag hinunter kippte. Der Kellner sah mich verdutzt an, sagte aber nichts und Tante G. staunte, weil sie mich noch nie so angespannt gesehen hatte.
Die Kellnerin die mich bediente, sagte mir irgendwann im Vertrauen dass das Restaurant im Herbst dieses Jahres definitiv die Tore schließen würde. Die Betreiber hätten keine Lust mehr. Und damit schließt auch ein weiteres Kapitel meiner Erinnerungen die Tore und eine Ära geht zu Ende.