Rezension: Matthias Lohre – Das Erbe des Kriegsenkel

Ich bin selten von einem Buch so durchgerüttelt worden wie von diesem hier. Ich hatte ja schon hier berichtet, wie ich auf das Buch kam und dass mich das Interview im Spiegel faszinierte.

Am Anfang erzählt Lohre wie er seinen Vater durch einen tragischen Unfall verliert und das durch die Nachrichten erfährt. Schon allein diese Beschreibung geht einem so nahe dass man all die Emotionen mitdurchleidet. Somit ist sein letzter Elternteil auch verstorben, denn seine Mutter starb schon vor Zehn Jahren. Von da an begibt er sich auf die Suche nach den Antworten auf Fragen die er nie gestellt hat und die ihm seine Eltern auch wahrscheinlich nie beantwortet hätten.

Es gibt so viele Sätze in dem Buch in denen der Autor der Zustände, Umstände und Dinge beschreibt, die alle so sehr auf mich selbst zutreffen, dass es jedes mal wie eine Offenbarung war. Einfach weitermachen, nicht nach hinten sehen, keine Fragen stellen, immer das Gefühl haben dass etwas nicht stimmt. Da ich mir das Buch als Download gekauft habe, habe ich angefangen viele der Stellen im Buch anzukreuzen, immer dann wenn es mich betraf oder er Dinge beschrieb die absolut auf mich und meine Eltern zutreffen, ich jedoch nie in Worte fassen konnte. Und es sind deren so viele dass ich sie nicht mehr zählen kann.

Was ich mit dem Buch vor allem wollte ist, meinen Vater ein wenig besser verstehen, der bereits mit 52 Jahren verstarb. Ich war damals 22 und in meiner Sturm- und Drangzeit. Im Gegensatz zu Lohres Vater der so gut wie nie über die Kriegsjahre und seine Kindheit redete, tat mein Vater dies sehr wohl. Doch tat es es unter falschen Voraussetzungen. Ich kann mich erinnern dass er die Geschichten immer dann erzählte, wenn sie nicht passten, z.B. wenn er seine Kindheit mit unserer (mir und meinem Bruder) verglich.
„Wir hatten damals gar nichts. Nicht so wie du heute!“
„Du solltest dankbar sein, dass es dir so gut geht.“
Das waren so die Sätze die ich meistens zu hören bekam und bei denen ich nicht verstand was sie bedeuteten. Ich schaltete dann immer auf stur und die Ohren auf Durchzug. Im Umkehrschluss könnte ich meinem Vater aber auch vorwerfen, dass er meine Welt und die Welt im Allgemeinen wie sie vor 30 Jahren war, nicht mehr verstand.
Als er so alt war ich jetzt, war er in Behandlung für seine bereits zweite schwere Depression…

Das Buch geht aber von der Sicht der Deutschen aus, also von den Kriegstätern und nicht wie im Fall meines Vaters von Kriegsopfer. Das ändert zwar die Perspektive unserer Vorfahren, doch der Krieg mit all seine Grausamkeiten bleiben gleich. Das haben beide in sehr jungen Jahren durchlitten.

Ich bin also ein Kriegsenkel. Enkel deswegen weil der zweite Weltkrieg der Krieg unserer Großeltern war, die (bei ist mir es z.b. so) den ersten Weltkrieg ebenfalls hautnah mitbekamen. Was sie aus diesen beiden Kriegen unsern Eltern mit auf den Weg gaben, wirkt bis heute noch in uns Enkeln nach. Realistisch gesehen ist es seltsames Phänomen, das man glauben mag oder nicht, doch erklärt es so einige offen Fragen bei mir, warum ich so bin wie ich bin. Warum ich nie innehalte, warum ich immer weitermache, warum beständig die Angst der Versagens wie ein Damoklesschwert über meine Kopf hängt, jedoch nach Außen immer sehr gelassen und ruhig wirke. Das hat seltsamerweise alles damit zu tun.

Ein absolut lesenswertes Buch.

Einmal Rotterdam und zurück

Es war aus genau dem gleichen Grund dass ich vorgestern und gestern in Rotterdam war, wie vor ein paar Tagen in Vilnius. Eine Vorstellung für ein Festival. Die Idee war genau den gleichen Text zu nehmen und in nur mit den Dingen umzuwandeln, die sich geändert haben. Doch lassen wir das…

Ich musste nicht grad so früh aufstehen. Mein Zug ging um 8. Gegen 11 Uhr einmal umsteigen in Brüssel. Das irrsinnige an Brüssel sind die unzähligen Bahnhöfe an denen man in Brüssel selbst stehen bleibt, bis man endlich im Termnius Brüssel-Midi ankommt. Das dauert fast ein geschlagene Stunde. Brüssel-Luxembourg, Brüssel-Schuman, Brüssel-Nord… Dabei sind die einzelnen Bahnhöfe so nah auseinander, dass man glauben könnte man wäre schneller am Ziel wenn man zu Fuß laufen würde.

Von dort aus hatte ich ein Thalys Zug, der so schnell in Rotterdam war, dass ich es kaum glauben konnte.

Ich verlasse mich nie wieder auf die Yahoo Wetter App. Sie zeigte mir Bewölkung und bisschen Sonne für Rotterdam an. Doch es regnete fast ununterbrochen. Ich wurde zwei mal klitschnass.

Über die Vorstellung selbst möchte ich nichts erzählen, nur so viel dass der Plan mit Aufbau, Probe, Belichtung und Maskenzeiten so eng getaktet war, dass es nicht ganz reichte. Ich hatte schon Angst dass sie mir von meiner Maskenzeit abknabbern würden, was aber Gott sei Dank nicht geschah. Es war eine holterdipolter Vorstellung von dem die Zuschauer aber nichts mitbekamen.

Das Hotel war ganz gut, mit Ausnahme der Matratzen. Sie waren butterweich und bouncy zugleich. Ein Unding für mein Rückgrat. Als ich gestern wieder in Luxemburg war, bekam ich prompt die Rechnung in Form von kräftigen Rückenschmerzen präsentiert.

Abends schwuppte ich dann noch die Generalprobe eines anderen und viel wie ein Stein ins Bett.

Ich hatte angesetzt die ganze Reise mit Fotos zudokumentieren. Doch leider kam es nicht dazu, nicht einmal vom Theater.

Ach ja,….