Fressen, Kunst und Puderquaste

Den Tränen nahe

Da ich über das Wochenende einen Auftrag eingeheimst habe, worüber ich nach dem Anruf, fast eine volle Stunde durchjubilierte, (nein es ist kein Maskenjob, aber die, die schon länger hier mitlesen wissen was es ist) musste ich heute diesbezüglich nach Trier. Die Grenzen zu Deutschland sind seit Samstag wieder geöffnet und ich beschloss den Zug zu nehmen. Es gab vorab eine große Verwirrung ob man einen triftigen Grund braucht um über die Grenze zu fahren oder nicht. Aber nein, man darf!

Ich beschloss mit dem Zug zu fahren was eine sehr gute Idee war, denn ich hatte ein ganzes Abteil für mich.

In Trier befiel mich dann ein sehr gemischtes Gefühl. Wie wird es da wohl sein? Da die Maßnahmen ja von jedem einzelnen Land beschlossen werden und nicht vom Bund, wusste ich nicht inwiefern Rheinland Pfalz die Einschränkungen schon gelockert hat oder nicht.

Ich trat aus dem Bahnhof und sah mit heruntergeklappter Kinnlade, dass die Gaststätten hier geöffnet haben! Alle hatten Tische und Stühle vor der Tür mit 1,5 bis 2 Meter Abstand.

Ich erledigte fix die eine Chose für die ich extra hergefahren war (sorry ich kann da nicht mehr darüber schreiben) und ging zu Engbers, die diese Woche 20% auf alles geben, um die eine Jeanshose zu ersetzen, die letzte Woche das Zeitliche gesegnet hat. Ich erwarb eine die aber vorab noch zu Änderungsschneiderei muss. Wie immer sind die Hosenbeine zu lang und ich mag nicht beständig bei allen Jeans die Beine hochkrempeln.

Je näher ich zu Engbers kam um so näher kam ich auch zur Trier Brasserie. Sie hatte geöffnet!

Die Besitzerin der Brasserie begrüßte mich sehr herzlich, doch als ich all die reservierten Tische sah, schwand meine Hoffnung. „Oh, doch! Für Sie doch immer! Ich bin froh endlich wieder bekannte Gesichter zu sehen“, sagte sie. Sie wies mir einen Tisch in Inneren das Lokals zu. Das ging alles so schnell und unerwartet dass mir ein wenig dir Luft weg blieb.
Ich. Bin. In. Einem. Restaurant!
Es war emotional fast zu viel.

Rinderfilet medium mit Champignons und allerlei Gemüse. Dazu in Pinot blanc. Ich war den Tränen nahe.
Im Lokal stand nur noch ein knappes viertel der Tische die sonst dort stehen, alle Gäste saßen mit mindestens zwei Meter Abstand von einander weg.

Und doch beschlich mich auch das ungute Gefühl, dass es vielleicht zu früh, zu schnell…? Zumal weil es in Luxemburg um einiges eingeschränkter war und immer noch ist, als hier. Versteht mich nicht falsch, ich bin kein Experte in Virologie, denn davon gibt inzwischen mehr, als es Viren gibt. Aber kann jemand nachvollziehen, dass ich die Lockerungen als zu schnell empfinde?

***

Auf dem Rückweg las ich dass das katholische Erzbistum Luxemburg inzwischen lautschreined eine Antwort von der Regierung fordert, wann denn die Kirchen wieder geöffnet werden. Man würde fest damit rechnen, dass es spätestens für Pfingsten der Fall sein sollte.
Mir invitéieren hei net op eng Corona-Party op d’Kinnekswiss“, so ein Satz des Generalvikars im Interview.

Ach Herr Vikar! Mit ihrem selbst gebastelten Konzept wie sie jetzt Gottesdienste sicher abhalten wollen und dass alle Kirchgänger disziplinierte Menschen sein sollen, die sich an die Vorgaben halten, so ist auch eine Kirche nichts anderes als Theater- oder Konzertsaal mit Bühne bzw. Altar. Sie laden die Leute in einen großen geschlossenen Raum ein. Ob man Gottesdienste oder Beethovens 9te oder die Rocky Horror Show feiert, da macht das Virus keinen Unterschied. Aber nur zu, Herr Vikar! Wenn sie es fertigbringen dass Kirchen wieder Gottesdienste abfeiern, wir Theaterschaffende hängen uns gerne mit an den Zug der Lockerungen.

4 Kommentare

  1. renée

    ja, die gaststätten in trier haben seit dem 13.05. geöffnet. ob es zu früh ist oder nicht, wer will das wissen. auch die virologen wissen “nichts”, aber eines weiss ich sicher – wenn man die gaststätten usw weiterhin geschlossen hält, können die meisten wohl konkurs anmelden und ob die leute sich im kaufland umhertummeln oder ob man diszipliniert in einer gaststätte sitzt, so würde ich meinen, dass man in der gaststätte doch eine sichere bleibe hat. auch ich vermisse die konzerte sehr. das kulturleben ist ganz besonders in unserer stress gesellschaft lebens-wichtig…. dir liebe grüsse, renée

  2. Thierry

    Hier haben wir die absurde Situation, dass in England vieles gelockert wurde (man darf beispielsweis wieder reisen und so viel vor die Tür, wie man möchte), aber hier in Wales ist alles wie gehabt (bleibt auch noch wochenlang so, sagt der Senat). Die Grenzen sind zu und werden von der wallisischen Polizei kontrolliert. Ich kann zwar nicht nach England reisen, scheint mir aber auch von hier aus alles viel zu früh.

    Wenn’s um Restaurants geht, bin ich einfach froh darüber, dass man hier in der Hauptstadt keine Probleme hat sich etwas liefern zu lassen.

    Und sogar die Frau mit der Marmalade vom Markt kommt vorbei, der Besitzer meines liebsten Cafés bringt Cold Brew Kaffee, der Bäcker bringt Croissants und Brötchen, und den Milchmann gibt’s hier eh schon wieder seit Jahren.

    Wenn ich so darüber nachdenke, fehlen mir eigentlich nur meine Freunde. Mit dem Rest kann ich leben…

    • renée

      Thierry: wie toll ist das alles bei euch organisiert und so menschen-freundlich…! in luxemburg und in deutschland hat man diesbezüglich eher resigniert. die meisten haben sich nicht einmal zugetraut, eine andere lösung zu finden. und ja, da die restaurants in luxemburg noch immer nicht öffnen, sehe ich auch die meisten meiner freunde nicht und auch ich vermisse sie… alles gute! und liebe grüsse, renée

  3. Hauptschulblues

    H. findet, dass es in der BRD zu schnell geht und vor allem jedes der 16 Bundesländer sein eigenes Süppchen kocht.
    Trotzdem ist er gerührt über Ihre Freude am Restaurantessen.
    Er hätte auch gern so ein Erlebnis.

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