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Fressen, Kunst und Puderquaste

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Ein Begräbnis

Ich war der letzte der auf dem Friedhof erschien kurz bevor die Gedenkfeier losgehen sollte. Es waren an die hundert Leute dort. Es lag eine bleierne Schwere über dem ganzen. Es dauerte noch eine ganze Weile bis der Pastor erschien. Die Minuten schlichen regelrecht vorbei. Es sagte niemand ein Wort. Da ich zur Verwandschaft gehörte musste ich rechts vom Sarg stehen. Alle anderen standen Spalier links und rechts den Weg bis zur Leichenhalle hin. Also musste ich diesem Weg hinunter, und wurde von allen sichtlich begutachtet und taxiert. Da das Begräbnis in einem Dorf stattfand, kam es mir zumindest so vor. Es war drückend heiß und die surreale Stille, ließ es noch heißer erscheinen. Der Pastor leierte die kurze Predigt mit einem Affentempo herunter und da er nur ein Fistelstimmchen hat, verstanden die Wenigsten was er sagte.
Vielleicht mag es schäbig erscheinen, aber da ich keine Trauer verspürte und sich auch keine Besinnung bei mir einstellen wollte, verspürte ich den Drang laut zu lachen. Dabei vielen mir Dinge auf die diesen Drang steigerten. Vor mir stand eine Frau so Anfang 70, piekfein zurecht gemacht, die Haare frisch frisiert. Sie gehörte offensichtlich zur Familie der Witwe, denn ich kannte sie nicht. Da ich etwas schräg hinter ihr stand, entdeckte ich auf ihrer Wange eine kleine Warze aus der vier pechschwarze endlos lange Haare wuchsen. Man sagt dass man diese Haare nicht ausreißen soll, doch es kribbelte so sehr in den Fingerspitzen, dass ich am liebsten daran gezupft hätte.
Ich hatte nicht vor anschließend noch zur Messe zu gehen, doch da einer Sargträger mich kannte, drückte er mir den Umschlag mit sämtlichen Beileidskarten in die Hand die bereits am Sarg abgegeben worden waren. Also musste ich hin.
Ich musste krampfhaft überlegen wann ich das letzte Mal in einer Messe war. Diese ganze Zeremonie habe ich als Kind wöchentlich über mich ergehen lassen. Aber begriffen habe ich immer noch nicht wann man aufsteht, sich hinsetzt oder oder kniet. Da ich in der dritten Reihe saß, konnte ich mich an Vorderen orientieren die alle etwas kirchenfester sind als ich. Und wie das Schicksal manchmal will, sass schräg vor mir die Frau mit der Rapunzelwarze. Ab und zu schniefte sie in ein Taschentuch oder tupfte sich die Tränen ab. Ich ließ von dem Gedanken ab ihr die vier Haare aus der Wange zu reißen.
Stattdessen sah ich mir die Kirche genauer an. Sie ist nicht sehr groß hat aber alles was eine Kirche haben muss. Kompakt eben. Es gibt, und das erstaunte mich sehr, vier bombastische Beichtstühle. Für die kleine Kirche erscheint mir das sehr viel. Sind die Dorfbewohner etwa Vielsünder? Man könnte hier einen Beichtmarathon abhalten. Ein anders Kunstwerk fand ich äußerst scheußlich. Der Altar ist eine große Skulptur deren Figuren mich in ihrer Form, Haltung und Gesichtsausdruck stark an die Kunstwerke der dritten Reiches erinnerte.
Nach der Messe ging es wieder hinaus in die Hitze.
„Danke dass du gekommen bist, Joël.“ ,sagte die Tochter des Verstorbenen. Ich drehte mich um und schaute in ein lächelndes Gesicht mit verquollenen Augen. Es wurde mir schlagartig bewusst dass, dass ich hier nicht auf irgendeiner christlichen Veranstaltung war, sondern auf einem Begräbnis. Ich weiß wie es sich anfühlt jemand zu verlieren. Ich drückte die Tochter des Verstorbenen gab ihr einen Kuss auf die Wange und entschuldigte mich das ich nicht mit zum Leichenschmaus bleiben könne.
Ich hätte es nicht ausgehalten.

Trauer ?

Ich habe es bis vor einer Stunde verdrängt. Aber ich komme nicht drum herum. Um halb vier muss ich auf ein Begräbnis. Ein Cousin meiner Mutter ist gestorben. Es erscheint absurd bei dem strahlend schönen Wetter auf einem Friedhof zu stehen. Zudem kannte ich den Mann kaum. Ich versuche grad hochzurechnen wie oft ich ihn in meinem Leben begegnet bin… 10, 15 mal vielleicht.
Seltsam.

Retour de Babel

Das was ich euch jetzt zeige ist eine kleine Exklusivität. Gestern Abend war die inoffizielle Eröffnung der großen Migrationsausstellung Le Retour de Babel ( Die Wiederkehr von Babel) in Dudelange. Die Künstler konnten alle Leute einladen, die alle direkt oder indirekt zu der Ausstellung beigetragen haben. Ich habe Ende letzten Jahres an den Werk Vision d’Elles von Elvire Bastendorff mitgearbeitet.
Die alten Hallen der Eisenverarbeitung dienen als Ausstellungsfläche. In der ersten Halle ist eine riesige Bühne untergebracht für Konzerte und sonstige Veranstaltungen. In der zweiten Halle befindet sich die Bar. Und hinten in der dritten und größten Halle befindet sich die Ausstellung.
Diese Halle ist mir sehr vertraut da sie davor als Filmstudio diente und ich dort über die Jahre an vier verschiedenen Filmen mitgearbeitet habe. Es war ein komisches Gefühl, es kamen sehr viele gute aber auch schlechte Erinnerungen hoch.
Man sollte sich viel Zeit nehmen für die Ausstellung, den es gibt so einiges zu sehen und zu lesen.

Ganz fertig war die Ausstellung noch nicht, es wurde noch in vielen Ecken gehämmert und gebastelt. In den großen weißen Würfeln sind die Exponate zu sehen. Es sind Geschichten und Schicksale von Menschen die alle aus- oder zugewandert sind. Da viele von den Leuten gestern da waren, entstand eine Stimmung die so mitreißend und berührend war, dass ich gerne noch länger geblieben wäre.
Aber ich musste noch zu einer weiteren Eröffnung…

Zielgruppe

Ich habe eben ein Button gefunden, das mich zu einer Seite führte, die ich hochinteressant fand. Der Button heißt ‚ Keine Zielgruppe‘.

Keine Zielgruppe

Ihr dürft ruhig drauf klicken und dann in aller Ruhe lesen was da steht. Beim Lesen musste ich an Bolgdelux und die Vanksengroup denken.

Buddah-Bar

Die neunte Buddah-Bar habe ich mir gestern zugelegt. Allein schon weil ‚by Ravin‘ drauf stand.
Und sie ist gut. Atemberaubend gut.
Gestern Abend lief sie auf dem Heimweg im Cabrio bei offenem Verdeck.

Schweben

Seit Ostersonntag! Der erste freie Tag! Mir kommt es bisweilen so vor als ob ich ihn nicht verdient hätte… Ich schwebe regelrecht durch die Gegend.

Zwischenstand

…und als ich dann zuhause war viel ich wie ein Stein ins Bett.
Jetzt sind es schon beinahe drei Tage her. Da die Dreigroschenoper Studenten von den Universitäten der Großregion mit Profischauspieler auf der Bühne vereinte, war die Abschlussfeier umso emotionaler, da es für die Studenten der erste große Erfolg war. Es flossen ein paar Tränchen und man wurde immer wieder in Arm genommen und feste gedrückt.
Aber es sind die Augenblicke, die mich immer wieder daran erinnern, warum ich diesen Beruf gewählt habe und nie genug davon bekomme.
Es war gut, dass ich gleich am nächsten Tag wieder ran musste und im Inoui stand.

Heute saß ich (fast) den ganzen Tag in einer Think Tank Sitzung. Maskénada, eine Produktionspaltform, bei denen ich schon seit 7 Jahren Mitglied bin hatte dazu eingeladen. (Maskénada war übrigens Koproduzent der Dreigroschenoper)
Was alles besprochen und diskutiert wurde, darüber kann und will ich nichts erzählen, da es auch um produktionsinterne Dinge ging. Aber ein Video als wir alle auf der Terrasse des Cafés vom National Museum saßen…

Seuftz

Es war schön. Die letzte Vorstellung der Dreigroschenoper. Jetzt bin ich im Inoui und blogge per Handy. Schreibe mehr wenn ich zuhause bin.

Zugekleistert

Ich gebe zu, dass die Lieder der Dreigroschenoper von Kurt Weil, meine musikalische Gehirnwindungen zugekleistert haben. Ich bekomme die Melodien nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann auf dem Nachhauseweg noch so viele unterschiedliche Musik hören wie ich will, es hilft nicht. Irgendeins der Lieder summe ich vor- und rückwärts.
Heute ist es: Wovon lebt der Mensch?

Denn wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich
Den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frisst.
Nur dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich
Vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.

Ihr Herren, bildet euch nur da nichts ein:
Der Mensch lebt nur von Missetat allein!

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