Fressen, Kunst und Puderquaste

Krank werden in Luxemburg

Ich werde jetzt über eine Begebenheit berichten die privat ist. Mit Jahren lernt man was ins Blog gehört und was nicht. Diese hier gehört nicht dazu und doch habe ich mich heute so sehr aufgeregt, dass… ich finde dass ich es Publik machen MUSS!!!

Heute Morgen rief meine Mutter an, die an seit  Jahren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mobil ist, und war sehr beunruhigt wegen ihrer Schwester (meiner 71 Jährigen Tante), die heute Sonntag bei ihr zum Mittagessen zu Besuch sein sollte. Sie versuchte über Stunden hinweg sie telefonisch zu erreichen, aber die Tante ging nicht ran.  Also fuhr ich nach Luxemburg- Stadt um nach zu sehen. Es war nicht zum ersten Mal dass ich vor einer solchen Situation stand und sie lösten sich in Wohlegefallen auf, sei es dass die Tante eben im Keller war um nach der Wäsche zu sehen oder dass sie anderweitig Termine hatte.

Doch heute war dem leider nicht so. Ich fand die Tante eingeklemmt unter dem Bett. Ich kann mir bis jetzt nicht erklären wie sie dorthin kam und ich musste eine ganze Weile an dem Riesenbett hin her schieben bis ich sie einigermaßen darunter hervorgeholt hatte. Da sie aber ziemlich füllig ist, war an hochheben nicht zu denken. Zudem stand sie leicht unter Schock, so dachte ich, da sie mir nicht erklären konnte wie sie sich so UNTER dem Bett einklemmen konnte. Also reif ich den ich die 112 an. Ich erklärte was passiert sei und dass man sie nicht ohne weiteres durch das enge Treppenhaus bekommen würden. Die Tante wurde mit der Feuerwehr über die Terrasse aus dem dritten Stock in den Krankenwagen verfrachtet und in die Zithaklinik eingeliefert.

Und nun begann die Odysee.

Ich fuhr dem Krankenwagen hinterher und war ein paar Minuten später in der Notaufnahme. Ich hatte inzwischen ihr Knie gesehen das sehr stark angeschwollen und blau war, und all die Hämatome. Zudem ging es ihr sehr schlecht und sie war einer Ohnmacht nahe. Ich wartete im Warteraum der Notaufnahme während der Untersuchung bis es mir nach Stunde zu bunt wurde und ich am Empfang nachfragte was den nun mir sei. Ich durfte dann in Räume der Notaufnahme hinein und der behandelnde Arzt teile mir kurz und bündig mit dass kein Knochen gebrochen sei und sie bereits einen Krankenwagen angefordert hätten um sie wieder nach hause zu bringen.

Ich glaubte ich hätte nicht richtig gehört.
“Rufen Sie die “Aide a Domicile” an die werden sich um sie kümmern.”
Es war der einzige Rat den man mir gab.
“Aber sie kann nicht allein zu hause bleiben”, antwortete ich.
“Das ist nicht unser Problem, wir sind keine Notaufnahme für Alleingelassene.”
“Haben sie denn zumindest versucht sie einmal hochzuheben so dass sie aufrecht sitzen oder gar stehen kann? fragte ich.”
“Nein.”
Man gab mir die Nummer der das Hilfedienstes, bei dem man mir versprach ein Krankenpfleger bei der nächsten Tour vorbei zu schicken.

Ich war völlig verzweifelt. Aber es half nichts. Ich fuhr zurück zur Wohnung und bereitete das Schlafzimmer einigermaßen vor damit der Pfleger vom Hilfsdienst sie in ein frischbezogenes Bett legen könne. Es dauerte fast zwei Stunden bis die Feuerwehr wieder mit dem Wagen kam und die Tante wieder außen der Wand lang über die Terrasse in die Wohnung ins Bett hiefte.

Ich muss sagen dass ausnahmslos alle Feuerwehrmänner und Securisten sehr nett und hilfsbereit waren. Sie setzen sie zum ersten mal an dem Tag aufrecht hin und sofort wurde ihr schlecht. aber langsam wurde ihr besser.

Kurze Zeit später war der Pfleger vom Hilfsdienst da und sah sich meine Tante an. Ich hatte sie inzwischen mit aller Kraft und einem Gehstock durch den Flur zum Klo geschleppt weil niemand in der Klinik auch nur einen Gedanken daran verschwendet hatte sie müsste vielleicht mal pinkeln. Die Feuerwehr war inzwischen weg.
Der Krankenpfleger was fassungslos.
“Wie konnten sie nur die Frau wieder entlassen? Sie rufen jetzt sofort wieder den Notruf an und die Klinik und bestehen darauf dass sie dort bleiben muss.” Der Notruf selbst verband mich dann mit der Notaufnahme der Zithaklinik und dem Arzt. Ich reichte dem Pfleger den Hörer, der dem Arzt so heftig erklärte, die Tante gehöre in ein Krankenhaus dass der Arzt irgendwann den Hörer hinlegte und nicht mehr zuhörte…
Der Pfleger sagte mir dass er so einen Fall nicht zum ersten Mal hätte.
Also rief ich nochmal den den Notruf an, der sofort die Feuerwehr losschickte und die ganze Prozedur begann wieder von vorn.
Zwischenzeitlich war die Tante, die immer noch auf der Kloschlüssel saß kurz in Ohnmacht gefallen…

Ich fuhr also wieder zurück zum Krankenhaus und dieses Mal dauerte die Untersuchung wesentlich länger. Ich bestand darauf den zu behandelnden Assistenzarzt (des übrigens gleichen Oberartzes der sie am Nachmittag oder Wenn und Aber nach hause geschickt hatte) zu sprechen, dem ich die Sachlage erklärte.

Sie durfte dann im Krankenhaus bleiben.

Die genauen Details der Diagnose möchte ich hier nicht schildern, da es sich um die Privatsphäre meiner Tante handelt und ich drüber nicht verfügen kann und will.

Was mich aber rasend macht ist die der Zustand der Zithaklinik und wie dort in der Notaufnahme mit Patienten umgesprungen wird. Ich kann immer noch nicht glauben dass die arme Frau den Weg 3!!! Mal auf sich nehmen musste bis sie endlich fachgerecht behandelt wurde.

3 Kommentare

  1. Renée

    also, wenn man das liest, bleibt einem schon der Atem weg. Ich finde es zuerst einmal sehr bewundernswert, wie sehr Du Dich für Deine Tante eingesetzt hast, so selten sieht man eine solche grossartige Hilfe. Und dann möchte ich einfach mal sagen, dass die älteren Menschen in Luxemburg und auch in anderen Ländern fast immer und leider wirklich schlecht behandelt werden, “da es ja sowieso nicht mehr viel Sinn hat, sich für sie einzusetzen” usw. Ich selbst finde diese Zustände absolut schrecklich und schockierend, besonders weil gerade die kranken alten Menschen die Hilfe so nötig brauchen. Sie sind oft absolut hilflos und den Launen der Aerzte und Pfleger völlig ausgeliefert… Ach, ich hoffe, es geht Deiner Tante nun etwas besser und sie kann wieder alleine zu Hause leben..! Und Dir alles Gute, Joël! Renée

  2. Tom

    Da kann man sich Renée nur voll und ganz anschliessen. :/

  3. Georges

    Das Erlebnis, das du hier schilderst und das was deine Tante da durchgemacht hat würde wohl kaum jemand – m.E. auch nicht das Personal einer Notaufnahme – einem hilfsbedürftigen Menschen zumuten wollen, leider befürchte ich, dass es kein Einzelfall ist. Deinen Einsatz für die Frau finde ich jedenfalls auch bewundernswert und ich hoffe, es geht deiner Tante mittlerweile besser.

    Ich habe selbst kürzlich von einem Fall in meiner Familie gehört, wo der Patient, ein älterer Herr – zufälligerweise ebenfalls in der von dir genannten Klinik – trotz akuter Schmerzen 4 Monate auf einen Termin beim Facharzt hätte warten müssen. Sein Hausarzt hat ihn daraufhin zu einem Facharzt geschickt, der in einem anderen Spital praktiziert, wo er dann praktisch sofort untersucht worden ist, der Chirurg hat ihn nach der Diagnose noch im gleichen Monat operiert.

    Ich vermute allerdings, dass seine Anfrage auch in jedem anderen Spital hätte ähnlich verlaufen können, da der Termin am Telefon angefragt wurde, was meiner Erfahrung nach je nach Lust und Laune der Angerufenen wohl nicht immer das ideale Kommunikationsmittel ist (obwohl viele Berufstätige dem Telefon noch immer den Vorzug geben im Vergleich zu den neueren elektronischen Kommunikationsmitteln). Da besagter Herr schon vorher zufriedener Patient in der Zithaklinik gewesen ist, dürfte die Qualität derer medizinischen Versorgung also nicht durch die schwierige Terminabsprache in Frage gestellt sein, wohl aber das Vertrauen des Patienten in den Betreiber der medizinischen Dienstleistungen.

    Wenn man den Patienten als Kunden und die Klinik als Betrieb sieht, dann riskiert demnach ein Betrieb, gleichwohl er gute Dienstleistungen bietet, Kunden zu verlieren, weil es ihm nicht gelingt, Kunden an sich zu binden respektive weil er andere potentielle Kunden abschreckt, größtenteils durch Schwachstellen in der Kommunikation, wie es mir scheint. Ich frage mich übrigens auch immer wie Multiple Choice Fragebögen die man bestehenden, eventuell gar treuen Kunden am Ende der erhaltenen Dienstleistung anbietet dazu beitragen sollen, den Service für neue Kunden zu verbessern, zumal in der Regel die wenigstens Leute sich die Mühe machen um ihre Erlebnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen, so wie du es in deinem Beitrag getan hast.

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