Ich könnte darüber schreiben, welches ungutes Gefühl ich hatte, nachdem ich die Nachrichten am Freitag Abend spät nach der Vorstellung sah. Ich könnte drüber schreiben, dass mich zum ersten mal eine unerklärliche Angst befiel, wahrscheinlich weil es so nah ist und ich unzählige SMS nach Paris losschickte um zu sehen ob all meine Lieben in Sicherheit sind. Ich könnte darüber schreiben dass eine Kollegin vom Theater am Tag danach wie versteinert durch die Gegend lief weil eine Freundin von ihr in dem tragischen Konzert war und jetzt schwer verletzt im Koma liegt. Ich könnte darüber schreiben dass am gleichen Abend eine Ankleiderin nicht zur Vorstellung erschien weil die Züge von Belgien aus nicht nach Luxemburg fuhren und ich für den schnellen Umzug im Stück einspringen musste…
Stattdessen schreibe ich über ein Stück das ich vor dem oben genannten hatte. Es ist wahrscheinlich das erste Stück in meinem Leben in den ich menschlich soviel zurück bekam wie nie zuvor.
Watt Elo ist eine Abhandlung eines Textes von Samuel Beckett, gespielt vom Ensemble Dadofonic. Als man mir das Stück anbot war ich zuerst ein klein wenig skeptisch, weil ich nicht wusste was ich dort soll. Doch die Idee der Verantwortlichen überzeugte mich voll und ganz…
Dadofonic ist ein Ensemble von geistig behinderten Menschen aus einem sogenannten “Atelier protégé”, die im Theaterstück befremdliche Figuren spielen die auf die ein oder andere Weise behinderter sind als sie selbst. Diese Idee überzeugte mich.
Dass ich drüber nicht früher geschrieben habe, kam durch die Doppelbelastung da ich tagsüber für Dadofonic arbeitete und abends das andere Stück in den Schlussproben betreute.
Alle Ensemble Mitglieder wissen sehr wohl dass, wenn sie auf der Bühne stehen, eine Rolle spielen, doch in den Kulissen sind alle Gefühle und Emotionen echt und nie böswillig. So wurde ich dann oft und viel geknuddelt und in den Arm genommen wie nie in einem Stück zuvor. Sie gewöhnten sich schnell an das Ritual der Maske und saßen alle still wie Mäuschen im Stuhl wenn ich sie schminkte. Es war eine wunderbare Erfahrung.
Das Stück wird noch ein paar mal im TNL gespielt werden Anfang Dezember. Schaut es euch an es wird euch nicht leid tun. Man vergisst völlig dass es behinderte Menschen sind die spielen.
Wenn ich dann diese Emotionen mit nicht greifbaren Angst der Attentate von Paris vergleiche, werde ich traurig und wütend zugleich…
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