Fressen, Kunst und Puderquaste

Die Geschichte des L.

Wenn ich heute die Geschichte des L. erzähle, dann muss gleich vorrausschicken, dass es  im Ablauf ein paar Dinge gibt, die ich mir bis heute nicht erklären kann. Und doch ist sie so passiert wie ich sie hier erzähle, selbst wenn Manches unwahrscheinlich erscheint. Doch war es erst heute morgen dass mir die dazugehörige Geschichte meiner Mutter wieder einfiel.

Es war vor ungefähr 14 Jahren, ich war schon lange aus dem elterlichen Hause ausgezogen. Es war Anfang Sommer. Es klingelte an der Haustür meiner Mutter. Es muss so gegen sieben Uhr abends gewesen sein. Meine Mutter öffnete und vor ihr stand ein kleiner Junge mit seinem Fahrrad und verheulten Augen. Er hätte mit einer Gruppe anderer Kinder eine Fahrradtour gemacht und er wäre nicht schnell genug gewesen mit dem Rad. Er hätte dir Gruppe verloren und wüsste nicht wo er sei, und …und… Große Tränen liefen über sein Gesicht. Meine Mutter, nahm ihn mit in die Stube, beruhigte ihn und gab ihm erst mal ein Glas Milch. Er war völlig außer sich. Als er sich beruhigt hatte, erzählte er dass er schon den ganzen Tag unterwegs wäre. Meine Mutter machte ihm ein Butterbrot.

Wie er denn hieße und wo er wohne, fragte sie ihn. Er hieße L. und er wohne in F. Meine Mutter war etwas erstaunt denn F. liegt in Deutschland eine gute halbe Stunde mit dem Auto entfernt. Sie fragte ihn nach der Telefonnummer und rief bei ihm zu hause an.  Seine Mutter war noch gar nicht beunruhigt, da die Fahrradgruppe auch noch nicht zurück sei. Doch sie sagte sie würde gleich ins Auto steigen und ihn abholen.

Als sie ankam erlebte meine Mutter ein Frau die heilfroh war, ihren Sohn wieder zu haben und zugleich eine recht wütende Frau, die schimpfte und schallt auf die Scout Gruppe und ihre Verantwortlichen die ihren Sohn L. einfach vergessen hatten.

Als der L. das Fahrrad in das Auto geladen hatte, rannte er noch einmal zur Haustür drückte meine Mutter ganz fest und rannte zurück zum Auto.

So erzählte meine Mutter mir ein paar Tage später die Geschichte. Ich war selbst nicht da als es passierte. Eine Woche später erhielt meine Mutter ein Brief von dem L. Er hatte ein Bild für sie gemalt und groß die Buchstaben DANKE darauf geschrieben. Meine Mutter hatte das Bild lange in einer Schublade.

Und jetzt kommt der Teil der mir unheimlich vorkommt.

Es war vor ein paar Wochen .
Ich saß in der Weinbar meines Vertrauens als mich ein junger Mann ansprach.
Er hieße L.
Ob ich Joël sei.
Ja, der wäre ich.
Er hätte mich gleich erkannt.
Er sprach perfektes Hochdeutsch. Er wohne im Ruhrgebiet, doch hätte er als kleiner Junge mit seinen Eltern für ein paar Jahre in F. gewohnt. Es wäre zum ersten mal nach über zehn Jahren dass er wieder hier in der Gegend sei.
Nun muss ich dazu sagen dass ich mit dem Ort F. lediglich eine alte Freundin verbinde, die dort aufgewachsen ist und die ich damals in einer benachbarten Dorfdisco kennenlernte. Sonst ist mir der Ort weitgehend unbekannt.

Der L. fragte mich nach meine Mutter und wie es ihr ginge.
Ich war inzwischen etwas perplex, denn ich nahm zuerst an dass er mich über meine Arbeit kenne oder weil ich schon mehrfach mein Gesicht ins Fernsehen hielt. Doch dies schien nicht der Fall zu sein.
Ich erzählte ihm dass meine Mutter vor drei Jahren gestorben sei. Der L. sackte regelrecht in sich zusammen. Er hätte sie so gern einmal wiedergesehen. Er wollte sich noch einmal bei ihr bedanken dass sie ihm damals geholfen hätte. Es wäre eine der wenigen schönen Erinnerungen die er an die Zeit in F. hat. Sonst könnte er sich nicht an viel erinnern. Er erzählte mir dass er sich damals mit dem Fahrrad verfahren hätte und lange am Waldrand gesessen und geheult hätte.
Mir kam diese ganze Begegnung recht unheimlich vor da ich den L. nicht kannte und mir die Geschichte des Jungen mit dem Fahrrad erst heute wieder einfiel. Ich schaute demonstrativ auf die Uhr sagte ihm dass ich jetzt los müsste, da die ganze Situation etwas unangenehm war und ich sie beenden wollte. Er bedankte sich für das Gespräch und verschwand.

Woher kannte der L. mich????

2 Kommentare

  1. Anouk

    Dat wier di eischt Fro gewiescht, dei ech him gestallt haett…

    • Joel

      Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber die Situation in der jemand mich anspricht und mich kennt und ich ihn nicht, passiert mir andauernd und ist mitunter sehr peinlich. Ich habe mir dabei angewöhnt automatisch so zu tun als ob. So hab ich es auch hier getan… Und es ging schief.

© 2024 joel.lu

Theme von Anders NorénHoch ↑

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen