Ein Aufruf von Frau Brüllen. “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?” Nun, da Wochentage für mich wie Sonn- und Feiertage sind und nichts so ist wie bei anderen, werde ich das mal tun.

Ich stehe für gewöhnlich nicht mit Wecker auf. So auch heute nicht. Da ich aber gestern wegen der Hitze und dem nächtlichen Sturm ziemlich geschlaucht war und trotzdem nicht richtig schlafen konnte, wachte ich erst kurz vor 9:00 auf. Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir einen recht düsteren Himmel. Die erste große Tasse Kaffee aus dem Vollautomaten. Radio eingeschaltet, Nachrichten gehört. Heute zur Abwechslung mal SWR Info statt RTL oder 100,7. Zu meiner großen Freude das tolle Interview mit Harald Schmidt noch mal gehört das ich vor ein paar Tagen im Fernsehen sah.  Ich vermisse “Dirty Harry”.

Den Schreibtisch aufgeklappt, und den Rechner gestartet. Die Mails und die RSS von meinen Lieblingsbloggern gecheckt und dabei den WMDEDGT Aufruf hier gefunden. Mich spontan dazu entschieden da mitzumachen.

Zweite Tasse Kaffee, Dusche, Anziehen. Dann kurz nach 10:00 auf zum Wochenmarkt. Zwischenzeitlich traute die Sonne sich raus.  Bevor ich zur Tür rausging fiel mir ein, dass ich ja eigentlich auch all meine Schuhe die eine neue Sohle nötig haben zum Schuster bringen könnte. Also nochmal schnell noch eine größere Stofftasche mit drei paar Schuhen bepackt.  Der Schuster der rue Beaumont ist umgezogen in die nah gelegene Neuberg Passage. Ich gehe immer zu ihm. Er ist sehr teuer, aber wenn ich die Schuhe zurückbekomme sind sie so gut wie neu und ich kann sie nochmal ein ganzes Jahr anziehen.

Zu meiner Überraschung war heute Straßenverkauf in der Stadt, und die Straßen waren sehr voll. Doch ich hatte Glück. Beim Schuster kam ich sofort dran weil grad niemand im Laden war. Auf dem Markt haute mich jemand von den “Linken” an um mir ein Heftchen in die Hand zu drücken, warum und wo ich morgen beim Referendum  mein Kreuzchen machen soll, aber meine Entscheidung steht schon seit Tagen fest. Das Glück hielt beim Obst- und Gemüsehändler meines Vertrauens an bei dem ich auch sofort dran kam, genauso wie bei meinem französischen Käsehändler, meinem Eifeler Brotbäcker und meiner Marmeladenfrau.

Ich begegnete meiner Lieblingsregisseurin mit Gatten und einem neuen Zugang in der Familie, einem Hund. Bei dem Anblick schmolz mir das Herz und ich zog, wie schon so oft, wieder in Betracht ob ich mir nicht auch ein Hund anschaffen sollte… Doch die negativen Argumente überwiegen, leider…

Auf dem Rückweg, einem alten Bekannten begegnet den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte obwohl er nur drei Straßen von mir entfernt wohnt. Wir saßen zusammen auf der Terrasse der vorigen Bar meines Vertrauens und tranken Kaffee*. Wir kramten ein wenig in der “guten alten Zeit ” herum und riefen uns gegenseitig alte Bekannte ins Gedächtnis. Im Nachhinein betrachtet kam ich mir dabei vor wie Opa in Rente. (Weißt du noch, damals… ‘mit krächzender Stimme’ )

Wieder zu Hause war mein erster Gang in den Keller um den Ventilator hoch zu holen, denn die Wohnung hatte sich gestern bei den 30 Grad doch sehr aufgeheizt. Zu Mittag gab es ein paar weiße Pfirsiche und eine handvoll Kirschen, meinem absoluten Lieblingsobst.

Gegen 15:00 ging es dann wieder raus. Ich fuhr zum letzten Mal nach Differdange zum 1535° zur letzten Vorstellung der Frittparade 2000 im Rahmen der Friture Henriette on Tour. Da ich am Tag zuvor eine Hauptprobe im Kapuzinertheater hatte, musste ich ein Teil meines Materials mitnehmen und heute auch wieder zurück schleppen. Es ist der einzige Aspekt, den ich immer mehr an meinem Job hasse. Material schleppen.  Doch es hilft nichts, da muss ich jetzt durch.

Ich habe ich zehn Schauspieler von denen sechs Perücken oder Haarteile tragen.  Die müssen alle vor jeder Vorstellung wieder hergerichtet werden, mal mit mehr mal mit weniger Aufwand. Aus den Perücken werden die Reste des Klebers von Vortag der noch im Ansatztüll steckt mit einer Art Stupspinsel und Aceton heraus geklopft. Anschießend werde sie wieder auf einen Perückenkopf montiert und neu frisiert. Das Frisieren nimmt je nach Zustand manchmal mehr manchmal weniger Zeit in Anspruch. Es hängt davon ab in welchem zustand sie am Vorabend von der Vorstellung zurück kamen. Zwischenzeitlich werden sie auch mal ganz gewaschen und dann braucht es Stunden.

Da das Stück in den 80er Jahren angelegt ist, brauche ich für jeden Schauspieler im Durchschnitt 20 Minuten. Ihr könnt euch ja ausrechnen wie lange ich dann durchackern muss ohne einmal Luft zu holen. Das heißt ich arbeite voll auf Risiko, es darf nichts schief gehen und keiner darf zu spät kommen. Jeder Handgriff muss sitzen. Mir wäre es lieber ich hätte eine weitere Kraft dabei und ich muss mich nicht so hetzen, denn 20 Minuten pro Kopf ist sehr knapp berechnet. Da es sich hier um ein Stück handelt, das eine Art “schleichenden” Anfang hat, der mal länger mal kürzer ist, müssen alle viel eher bühnenfertig sein bevor es richtig los geht. Ich persönlich mag es nicht wenn Schauspieler schon Stunden vorher fertig sind und noch ewig warten müssen bis sie endlich ihren Auftritt haben. Das Make-up hält nun mal nicht ewig.

19:45. Der letzte Schauspieler. Bei ihm brauche ich nur 15 Minuten, da er nur ein Haarteil eingearbeitet bekommt. Der Schminktisch sieht aus wie ein Schlachtfeld.

20:00 Uff. Durch. Da es die letzte Vorstellung für Differdange ist (ab übernächster Woche gastieren wir für eine Woche in Wiltz) habe ich jetzt anderthalb Stunden Zeit alles einzupacken. Da der 1535° kein Maskenraum besitzt muss ich hier alles mitbringen inklusive den großen schweren Schminkspiegel. Pinsel reinigen, Airbrush reinigen und jede Farbpalette jedes Döschen kommt zurück an seinen Platz im Schminkkoffer.

Eine gute Stunde später bin ich fertig und ich kann anfangen die ersten Kisten und Trolley’s ins Auto zu tragen. Die Montierköpfe und die Abschminke bleiben noch, wenn das Stück aus ist. Jetzt habe ich zum ersten mal ein paar Minuten Zeit um mir in der Brasserie “Schreinerei” einen Drink zu holen. Da es heiß ist und ich noch eine Weile zu tun habe, gibt es Wasser.

21:30 Das Stück ist aus. Schlussapplaus. Sobald die Schauspieler abgegangen sind, muss ich noch schnell einige Requisiten aus dem Publikum “fischen”, damit keiner auf die Idee kommt sich ein Souvenir mitzunehmen. Zurück in den Schminkraum. Perücken und Haarteile abnehmen und montieren. Köpfe in die Kisten. Abschminke einpacken. Mithelfen diverse Requisiten wie Schmuck einzupacken. Alles bereit stellen für die Kostümbildnerin die die Kostüme erst später abholt. Die letzten Kisten zum Auto schleppen und verstauen. Noch ein wenig mithelfen die Bühnendeko abzubauen. Das ist zwar nicht mein Job, doch da Maskénada nicht noch mehr Personal einstellen kann, helfen alle mit, Darsteller, Regisseur und Administratorin inklusive.

Gegen 23:00 bin ich auf dem Rückweg und um 23:30 fahre ich in die Tiefgarage. Ich schlendere gemütlich nach Hause und überlege noch ob ich ein Absacker…nein doch nicht.

Zuhause schalte ich das Radio ein und checke die Mails. Ich bin müde und die Füße danken es mir als ich sie nackt auf die kühlen Steinfliesen setze. Noch ein wenig Radio hören und gegen 00:30 hat Morpheus mich abgeholt.