Es ist wieder der Tag an dem ich zwei mal in Jahr gezwungen bin innezuhalten, stillzustehen.

Vorgestern nach der Vorstellung, kurz vor Mitternacht, fuhr ich sofort nach hause, da ich heute ein Termin mit dem Wagen in der Werkstatt meines Vertrauens hatte und schon um 8 Uhr da sein sollte.
Ich hatte bereits vor einem halben Jahr über diesen Stillstandstag berichtet und dabei eine ziemliche Polemik ausgelöst. Auf Facebook bekam ich so viel Zuspruch wie selten zuvor…

Da der Tag lang zu werden versprach, (Reifenwechsel, Ölwechsel, Bremsen…Check-up für Sandweiler*) ging ich zuerst zu der Konditorei in der ich schon letztes mal war und in der ich den Lehrern mit der Freistunde begegnete. Ich lass ausführlich die Tageszeitung, was selten vorkommt. Meistens überfliege ich nur die Überschriften.

Ich begegnete dem Lehrer B., der für meine Liebe zum Theater verantwortlich ist. Ich mochte den B. immer schon. Er war so anders als alle anderen Lehrer die ich vor und nach ihm hatte. Er leitete die Pantomimegruppe und wir durften ihn duzen, was nicht alltäglich war. Er ist mittlerweile in Rente und sieht noch immer aus wie damals, außer dass die Haarfarbe seiner Locken von Schwarz zu klarem schneeweiß gewechselt hat. Er hat noch immer seinen markanten ‘Magnum’ Schnauzbart von dem er sich nie getrennt hat.

Doch in der alten Heimat bleibt die Zeit auch nicht stehen. Es hat sich einiges getan. Eines der legendären Hotels der Stadt ist weg, komplett weg. Eine riesiges Loch klafft an der Stelle. Das Hotel des Ardennes in der Fußgängerzone gibt es nicht mehr. Ich erinnerte mich an eine Zeit in der ich dort hin ging um mit einer Freundin in der Hotelbar eine Cola oder ein Schweppes Bitter Orange zu trinken…. Das ist alles soooo lange her und fühlt sich manchmal wie ein längst vergessener Traum an.
Dass das Hotel irgendwann zu etwas anderem umgebaut werden würde, war gewusst. Dass der ganze Bau in einem Wisch weggerissen werden würde um etwas völlig Neues hinzubauen, wussten wahrscheinlich nur Eingeweihte. Was mich dabei sehr fasziniert ist das Licht das plötzlich kleine dunkle Ecken erhellt die man vorher so nie wahrgenommen hat. Es vermittelt völlig neue Perspektiven auf umliegende Gebäude die immer im Schatten standen und nun plötzlich völlig ungewohnt frisch und neu erscheinen, obwohl sie immer da waren.

Die Stunden zogen sich hin und ich wanderte zur nächsten Konditorei in der Fußgängerzone, die einzige die noch keine Kette ist.

Zur Mittagsstunde hatte ich beschlossen zu einem Schulkameraden ins Hotel de la Sûre zu gehen, der im Sommer das Restaurant wieder neu eröffnet hat. Das Restaurant hat nichts von seinem Charme verloren. Es ist immer noch ein Steakhouse, dessen Menü aber um einiges vielfältiger ist, als nur gegrilltes Fleisch.

Ich aß ein Gericht was ich so in der Form nicht in der Hauptstadt finde (oder noch nicht gefunden habe); Kuddelfleck.
Kuddelfleck auf luxemburgische Weise ist Kuhmagen paniert und frittiert mit einer Tomatensoße mit allerlei Gemüse darin. Dazu gibt es Kartoffeln mit Speck. Es ist eines der seltenen Restaurants in dem das Gericht nicht alles Tellergericht gereicht wird sondern auf Platten und Schüsseln, und man muss sich selbst bedienen. Fast wie zu hause… Es gab sogar noch eine Portion Nachschub die nicht geordert hatte, aber schön brav aufaß (man isst schließlich was auf den Tisch kommt)
Ich war mehr als papp satt.
Danke Alain.

Später saß ich im Café Aal Eechternoach. Ein weiterer Schulfreund von mir. Das Café hat mit den Jahren was recht uriges an sich, das man so à Tock nicht einrichten kann. Das geht nur über Jahre hinweg, mit allen möglichen Memorabilia die sich ansammeln. Im Aal Eechternoach geht das von alten Bakelit Telefonen über kitschige Kerzenhalter mit orientalischen Einschlag bis hin zu einem alten Kinderauto das an der Decke hängt.

Das Gefühl das ich das letzte Mal hatte bei der Warterei, stellte sich nicht ein. Irgendwo scheint ein Hoffnungsschimmer da zu sein. Es bewegen sich Dinge in der alten Heimat, wenn auch nur sehr langsam. Ich lese regelmäßig in der Zeitung über neue Projekte die in Angriff genommen werden.  Es scheint bergauf zu gehen.

Das Wagen war kurz vor 17:00 fertig und ich fuhr zurück.

*Sandweiler ist in Luxemburg der Inbegriff für eine TÜV Prüfung