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Fressen, Kunst und Puderquaste

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2014

Ich erinnere mich an Silvester 2000. Ich wanderte gemeinsam mit einer Freundin, die heute nur jemand ist denn ich einmal kannte, durch meine alte Heimat und stand irgendwann vor der Basilika. Die große Glocke, die nur zu Weihnachten, Ostern und Silvester geläutet wird, gab ihren tiefen dunklen Klang von sich und übertönte alles anderen Glocken. Überall ballerte und knallte Feuerwerk. Wir standen auf dem Vorplatz der Kirche der fast menschenleer war und hatten eine Flasche Champagner, zwei Gläser und begossen das neue Jahr.
Es war schön.
Es war ein Neuanfang.
Ein Neuanfang nach einem bitteren Verlust.
Sieben Monate davor starb mein Bruder in einem tragischen Unfall.
Mit ihm verschwand eine letzter Funken Hoffnung auf eine andere Zukunft.

2014 habe ich Silvester mit meiner ‚besseren Hälfte‘ M. unter Fremden verbracht.
Menschen die ich nicht kannte und auch nach dem feuchtfröhlichen Abend nicht besser kannte.
Ich fühlte mich einsam.
Kurz nach Mitternacht erinnerte ich mich an eine alte Freundin aus meiner Zeit in Berlin, die ich immer in der Silvesternacht anrief um ihr ein Frohes Neues zu wünschen. Es war so eine Art Ritual das ich über viele Jahre beibehielt. Irgendwann rief ich nicht mehr an…
Sie hob ab und quietsche vor Vergnügen. Es war ein solches Glücksgefühl ihr Stimme zu hören dass mir fast die Tränen kamen.

Irgendwann so gegen 4 Uhr morgens als schon so manche die etwas seltsame Party verlassen hatten, ertrug ich die Einsamkeit nicht mehr und schreib entgegen aller Gewohnheiten etwas auf Facebook:

My dearest friends.
Normally i don’t write on facebook.
But tonight I feel quite lonely amongst some strangers with my beloved one and far away from home.
Although I had a great evening with a lot of laughs and great moments…
2013 was professionally a very good year but privately and emotionaly it was a big mess.
My mother died beginning of November. She was the last close member of my family I had. Now they’re all gone.

I want to thank all my friends who stood by my side in the darkest hours of my life. I never thought i had so many of them, supporting me when everything was tumbling down.
Thank you all so much. Love you all.
2014 is gonna be a great year!!!!
Love & kisses

Das was bleibt

Seit anderthalb Jahren ist Tante Gritty nun im Pflegeheim. Sie hat Alzheimer. Ich habe ihre Vormundschaft übernommen. „Ach, wo kommst du denn jetzt her?“, fragt sie mich wenn ich sie besuche. Und dann erzählt sie mir Geschichten die entfernte Jahrzehnte nahtlos mit der Gegenwart verbinden, von Leuten die längst verstorben sind, die sie vorhin noch sah. Es gibt kein gestern, kein heute, kein morgen. Alles ist eins, alles ist jetzt.

Sie weiß nicht dass meine Mutter, ihre Schwester Anfang November gestorben ist. Sie fragt auch nicht nach ihr. Ich habe beschlossen, es ihr nicht zu sagen. Sie waren Geschwister, aber Freunde waren sie nicht.

Ihre Wohnung ist unbewohnt. Seitdem sie im Pflegeheim ist, hatte ich noch nicht dem Mut sie zu räumen. Gestern war ich seit Wochen wieder dort um nach dem rechten zu sehen. Ich ging durch die Räume angefüllt mit Erinnerungen. Ihre Erinnerungen. Zum Teil auch meine Erinnerungen.  Fotos von Familienfeiern, an denen es ihr gut ging. Ein Foto wo sie neben ihrem lange verstorbenen Mann steht und die Hochzeitstorte anschneidet.  Eine Vase die sie Südfrankreich gekauft hatte.  Tausend kleine Einzelteile die ihre Geschichte haben.

Es ist das was bleibt.

Zwei Realitäten

Als ich diesen Beitrag vor zweit Tagen im Kopf zu erarbeiten begann, war der erste Gedanke den Tag des Begräbnisses meiner Mutter zu beschreiben, so objektiv und emotionslos wie nur irgend möglich. Doch nachdem ich das Interview von Sybille Berg sah in der Serie Freitag am Donnerstag, verschwommen die Grenzen zwischen Objektivität und Subjektivität und ich ließ es bleiben.

Ich lebe in zwei Realitäten.
Die eine in der ich Trauer und Schmerz über den Verlust kaum noch ertrage, in der ich emotional immer leerer werde, die Müdigkeit mir vorkommt wie ein warmes Meer in dem ich zu gern ertrinken würde, doch schwimme oben ich wie ein Fettfleck.
Die andere in der ich, wie heute, einen Tag lang über die Stände der Walfer Büchertage schlendere und ungezählte Küsschen austeile bis mir die Lippen wehtun, da die gesamte Kunst- und Kulturgesellschaft vertreten mit der ich tagtäglich zu tun habe. Wenn ich dann urplötzlich an meine Mutter denke ist sie weit, weit weg, wie jemand den ich irgendwann mal kannte.
Dann klingelt das Handy, und es rufen Bekannte und Fremde an um mir ihre Beileidsbekundungen persönlich in einem Gespräch mitzuteilen und ich bin mit einem mal total überfordert…
Das passierte mir heute mehr als einmal.

Und jetzt sitze ich hier am PC, schreibe, lasse mich von Lounge Radio berieseln und bin leer… so leer.

Nachts wenn alles schläft

..geht das Grübeln los und 1000 Fragen ohne Antworten.
Es kommen Erinnerungen die so unbeschreiblich wehtun.
Dann hilft alles nichts und ich muss aufstehen.

Eine gute Ablenkung ist Youtube.
Das hier hat mich seit Tagen zum ersten mal wieder zum Schmunzeln gebracht.
Ein sehr ungewöhnliches Paar.

† Äddi Mama

Ich wollte nicht allein sein.
War bei Freunden eingeladen.
Und dann passierte es.
Auf dem Handy eine fremde Nummer.
Es war gut dass ich nicht alleine war.

Meine Mutter verstarb gestern um 22:30.
Ihr kleiner geschundener Körper, der keine 40 Kilo mehr wog, gab den langjährigen Kampf auf.
Dieses Foto entstand an Weihnachten 2006.
So möchte ich sie in Erinnerung behalten.

Neben sich stehen

Ich habe keinen Tränen mehr.
Gestern morgen noch brach ich zusammen.
Am Nachmittag war es vorbei.
Sie waren versiegt.
Als ob ich neben mir stehen würde.

Sie liegt da, regt sich kaum.
Da letzte Wort was sie zu mir sagte war aua, als ich ihr die Sauerstoffmaske zurechtschob.
Das Gummiband hatte sie an den Haaren geziept.

Sie atmet schwer.
Sie sieht aus wie eine Hundertjährige.
Sie ist 69.
Sie erstickt langsam.
Was hat sie in ihrem Leben verbrochen um einen so qualvollen Tod zu sterben?

Bitter

Das ist nicht das was ich will.
Ich schlafe schlecht, grüble viel.
Es ist schrecklich mit anzusehen wie sie langsam zugrunde geht.
Als ich sie gestern sah dachte ich noch dass sie nicht mehr wiederzuerkennen ist.
Sie ist wie eine Fremde.
Abgemagert.
Schwach.
Sie spricht kaum noch.

 

 

 

So wie ich.
Mir fehlen die Worte.

Endlich

Er ist da. Es hat dann doch ziemlich lange gedauert. Seit einer Stunde steht er da, der neue knallrote Beistelltisch, in Form eines Regenschirms. Zugegeben für den heutigen sehr verregneten Tag passt er wie die Faust aufs Auge.

Ab morgen

…wird aus Berlin gebloggt.

Nachtrag: Da ich in Berlin nicht zu Vergnügen war sondern zum Arbeiten, blieb leider keine Zeit zum Schreiben.

 

2005

Im August 2005 schrieb ich einen Beitrag mit diesem Foto:

Es entstand in dem Hinterhof des alten Hotels in meiner alten Heimat. Inzwischen ist aus dem Hotel ein Apartmenthaus geworden und der Hof zum Parkplatz ausgebaut. Das Kreuz habe ich damals abgelichtet, weil es so uralt und ist und meiner Meinung nach mit den ganzen Renovierungsarbeiten verschwinden würde.

Vor ein paar Tagen war ich in dem Hinterhof und siehe da, es ist noch da:

Eingebettet zwischen zwei Mülltonnen.

Wahlen, Wahlen, Wahlen

Morgen sind Wahlen in Luxemburg.
Und das was ich versprochen hatte, nämliche alle Parteiprogramme durchzuleuchten auf das Thema Kultur, habe ich aus Zeitgründen nicht geschafft. Blogger müssen auch Geld verdienen. Ohne geht’s leider nicht.
Durchgelesen hab ich aber alle. Und für mich gibt es nur eine Partei die ich hinsichtlich ihres Programmes wirklich wählen kann. Es wird wahrscheinlich das erste mal sein dass ich ein Liste schwärze.

Dafür gibt es aber in eine Fotoausbeute in den nächsten Tagen.

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