
Der A. wurde nur 51 Jahre alt.
Dass ich heute an ihn dachte, kam durch ein Foto, das ich in einer Kiste wiederfand. Es war das Foto seiner Hochzeit wo er gemeinsam mit seiner frisch Vermählten die Hochzeitstochte anschnitt. es war wahrscheinlich einer der glücklichsten Momente in seinem Leben. Es war das Jahr in dem Luxemburg zu letzten mal den Grand Prix d’Eurivisions da la Chanson gewann. In einem Nebenzimmer des Restaurants an der Sauer (das es schon lange nicht mehr gibt) lief der Fernseher mit der Show und jeder schaute ab und an vorbei.
Der A. war ein Zwilling. Er hatte einen Zwillingsbruder der tot geboren wurde. Man erzählte mir später, dass A.’s Mutter nie Kinder haben wollte. Sie war eine kleine dicke gedrungene Frau, die sehr gläubig war und viel Zeit in der Kirche mit beten verbrachte. A’s Vater war ein großer stattlicher Mann der ein paar Jahre seines Lebens in russischer Gefangenschaft verbracht hatte. Er war meistens sehr still.
Dar A. hatte gentechnisch nicht das große Los gezogen. Er war von Anfang an kränkliches Kind. Er wurde zudem von seiner Mutter mit Essen vollgestopft, weil sie keinen anderen Weg wusste ihm ihre Liebe zu zeigen. So war der A. zeitlebens dick und rund. Er sprach nie über seine Kindheit die wahrscheinlich nicht die schönste Zeit gewesen sein muss. Wahrscheinlich musste er viele Hänseleien aushalten. Doch war er gut in der Schule und konnte gut mit Zahlen. Er wurde Wirtschaftsprüfer auf einer damals großen und angesehenen Bank.
Er lebte lange zuhause und war die Unselbstständigkeit in Person. Er profitierte vom Hotel Mama. Er sang auf Geheiß seiner Mutter im Kirchenchor mit. Dort lernte er seine zukünftige Frau kennen, die 15 Jahre älter war als er. Wenn man sie zusammen sah, schien es wirklich die große Liebe zu sein. Heute weiß ich dass es für die Frau eine Flucht aus der eigenen Familie war und eine reine Zweckgemeinschaft. Der A. liebte seine Frau aber ehrlich und aufrichtig und wollte nicht mehr als ein wenig Zuneigung. Doch nach ein paar Jahren verweigerte sie jeglichen körperlichen Kontakt. Sie bekamen nie Kinder. Der A. trank mehr Bier und Schnaps als gut für ihn war und war häufig in Kneipen anzutreffen. Zudem hielt er dem Druck seines beruflichen Postens nicht mehr stand. Er wechselte in eine andere Bank in der Hoffnung dass es besser werden würde, doch das Gegenteil war der Fall.
Er wurde krank und ging schon mit 45 Jahren in Rente. Ich sah ihn damals nur ab und an und habe bis heute nur Bilder von einem Mann im Kopf der jeglichen Lebensmut verloren hatte und sehr viel älter aussah als er war. Er soff heimlich und hatte alle möglichen Krankheiten. Sein Körper war eine einzige große Entzündung.
Als er ein letztes Mal ins Krankenhaus kam, ging es schnell und innerhalb weniger Tage starb er. Seine Mutter überlebte ihn und war jahrelang in einem Pflegeheim. A.’s Frau ist übrigens auch seit ein paar Jahren im Pflegeheim und erinnert sich so gut wie nicht mehr an ihn.
Ein trauriges Schicksal am einem verregneten Dienstag.
Ich könnte darüber schreiben, welches ungutes Gefühl ich hatte, nachdem ich die Nachrichten am Freitag Abend spät nach der Vorstellung sah. Ich könnte drüber schreiben, dass mich zum ersten mal eine unerklärliche Angst befiel, wahrscheinlich weil es so nah ist und ich unzählige SMS nach Paris losschickte um zu sehen ob all meine Lieben in Sicherheit sind. Ich könnte darüber schreiben dass eine Kollegin vom Theater am Tag danach wie versteinert durch die Gegend lief weil eine Freundin von ihr in dem tragischen Konzert war und jetzt schwer verletzt im Koma liegt. Ich könnte darüber schreiben dass am gleichen Abend eine Ankleiderin nicht zur Vorstellung erschien weil die Züge von Belgien aus nicht nach Luxemburg fuhren und ich für den schnellen Umzug im Stück einspringen musste…
Stattdessen schreibe ich über ein Stück das ich vor dem oben genannten hatte. Es ist wahrscheinlich das erste Stück in meinem Leben in den ich menschlich soviel zurück bekam wie nie zuvor.


Es gibt im Schauspiel so ein paar Göttinnen. Dame Judy Dench und Meryl Streep zum Beispiel. Eine die ich unbedingt dazu zähle ist Dame Maggy Smith, über die die Welt nicht viel weiß, weil sie sehr selten Interviews gibt. Das erste mal dass sie mir angehehm auffiel war in der Agatha Christie Verfilmung 













Das System an sich ist nicht brandneu doch es bringt mich immer wieder zum Schmunzeln. Ich würde es sehr spannend finden, das Ding bei mir zu hause zu haben.




