I feel like I could cry at any moment – while reaching for the champagne.
Tracey Thorn
Tracey Thorn schrieb das im April 2023 als das neue EBTG Album nach 24 Jahren Pause herauskam. Ich konnte das damals nicht nachvollziehen, aber jetzt kann ich es.
Seit 20 Jahren schrei(b)e ich in die Welt hinaus was mich bewegt und was mir widerfährt. Die Zahl 20 fühlt sich irreal an. In diesen Jahren hat mein Körper, wenn man an diese Theorie glaubt, fast dreimal sämtliche Körperzellen ausgewechselt und durch Neue ersetzt, da dies ja in einem sieben Jahres Zyklus abläuft. Ich bin also definitiv nicht mehr der, der ich vor 20 Jahren war.
Was die Kaltmamsell oft betont,(die übrigens zum gestandenen Blogadel gehört und von mir den Titel ‚Erste Kammerbloggerin Münchens‘ bekam) dass wir alle am Anfang von etwas standen, das man miterlebt haben muss, um es zu verstehen. Es war niemandem klar was für Möglichkeiten das Medium Internet bot und keiner konnte sich auch nur im Entferntesten vorstellen, was daraus erwachsen würde. Es herrschte eine Aufbruchstimmung wie zu Goldgräberzeiten. Ich habe durch das Blog sehr viele Menschen kennengelernt, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte.
Und weil ich nicht schon wieder einem Text zu einem Geburtstag schreiben mag, der den anderen davor sehr ähneln wird, hatte ich eine Idee. Ich frage Menschen die mein Blog kennen, mir eine Frage zu stellen zu 20 Jahren Bloggen.
Wenn ich sehr weit zurückblättere, finde ich oft kleine Texte, die so anders im Stil und Form sind und kein Vergleich mit dem was ich heute schreibe. Bei manchen staune ich mitunter. ‚Hui! Hab ich das geschrieben? Das ist ja richtig gut!‘ Aber es hing auch immer damit zusammen, was ich gerade las oder wessen Blog mich grad sehr in seiner Schreibstil inspirierte.
Oh, sehr gute Frage. Erstmal wäre ein 20 Jahre dickes Recherchewerk nicht vorhanden, auf das ich immer wieder zugreife und das inzwischen mein ganz persönliches Konversationslexikon geworden ist, weil ich immer wieder Fotos daraus hervorkramen und zeigen kann, wenn ich einen Schwank aus meinem Leben erzähle. Aber auch das tägliche Reflektieren, was ich ja nicht von Anfang an tat, ist eine sehr gute Übung. Einerseits hilft es die Dinge zu bündeln und bisweilen ist es auch eine Lektion in Dankbarkeit und Demut immer dann, wenn ich das Geschriebene später wieder lese. Ganz besonders bewusst wurde mir das, als ich während dem ersten Covid Lockdown die Beiträge über die großen Reisen noch einmal las. Was für ein Lucky Bastard ich doch bin!
Wenn es nach mir geht, kann das ruhig so weitergehen. Zumindest war das der Spruch, den ich für den 18. Geburtstag des Blogs hatte. Und wer weiß schon was morgen sein wird. Ich habe es zu oft erlebt dass, von einem Tag auf den anderen Schluss sein kann. Was mir aber schon vor Jahren wichtig war, weil dies ja vorerst das Einzige sein wird, das ich der Nachwelt hinterlassen werde, war, dass es irgendwo noch eine Kopie vom Blog gibt. Und neben dem Internet Archive (the Wayback Maschine) wird es auch noch eine Kopie in der Luxemburger Staatsbibliothek geben und darüber bin ich sehr froh.
Ich wollte ein Online Tagebuch haben. Wie man eine Homepage zusammenbastelt, (damals nur mit html) und online stellt, hatte ich mir mit learning by doing selbst beigebracht. Ich wollte das haben was Else Buscheuer hatte. Nur war mein Leben damals nicht so aufregend und so berichtenswert wie das von Else, die ein Abendteuer nach dem anderen in New York hatte. Dann fand ich Blogger.com. Damals noch sehr unstabil und wenn man die allerersten Anfänge liest gibt es mehr als einen Beitrag in dem ich damit hadere. Dann wurde Blogger an Google verkauft, damals schon ein Platzhirsch und ich zog zu WordPress um. Und dort bin ich heute noch. Zwischenzeitlich wechselte ich mehrfach den Provider. Von einem amerikanischen von dem ich den Namen nicht mehr weiß, der irgendwann in Konkurs ging, zu ein paar luxemburger Jungs die sich Internetfreaks nannten, zu root.lu wo ich noch jetzt bin.
Ein sehr gute Frage die ich von der K. gut verstehe, wenn man wie sie, einen YouTube Kanal mit Nähanleitungen zum Recycling alter Kleidungsstücke betreibt.
Die Antwort ist schon ein wenig komplexer. Wenn ich z. B. mehr über technische Dinge berichten würde, wie man was macht, damit man den und den Effekt erzielt, würde das meiner Meinung nach, nur einen sehr geringen Teil meiner Leser interessieren. Es ist mitunter so technisch und geht in Bereiche, die ein Mensch der nicht im Theater oder Film arbeitet, nicht versteht. Alles andere was Maskentipps betrifft, die für „Sterbliche“ gedacht sind, decken tausende von richtigen und selbsternannten MUAs in Millionen von Videos auf YouTube ab. Die K. ist der Meinung, dass es jedoch viele interessieren könnte. Ich kann es nachvollziehen wenn ich über Dinge sprechen würde wie z.B. die Abläufe im Theater sind oder was alles an täglicher Arbeit ansteht, wenn ich nicht im kreativen Modus bin, sondern jeden Abend eine Vorstellung fahre. Ja, das könnte ich vielleicht einmal machen, aber das wird dann nur ein Posting.
Ich hatte nie das Ziel Geld mit dem Blog zu verdienen. Ich hatte mal ein Amazon Partnerprogramm, was aber ein lächerliches Unterfangen war. Es brachte mir ein oder zweimal einen Gutschein von 10 Euro in all den Jahren.
Andererseits ist habe ich einen Beruf der in seinem Alltag eine Art Intimität verlangt, sowohl von mir als auch von den Darstellern. Ich sehe, höre, fühle und rieche alles! Jedes Speckröllchen, jede Falte, jeden Pickel, jede Körperausdunstung. Und im Gegensatz zu KostümbildnerInnen, muss ich das mitunter auch anfassen. Zudem bringt diese auferzwungene Intimität mit sich, dass man Dinge erfährt die man manchmal gar nicht wissen will. Diskretion ist also oberstes Gebot. Ich könnte, wenn ich wollte, Weltkriege mit meinem Wissen auslösen…
Völlig offen und unverstellt stimmt schon mal nicht. Das was ich schreibe ist logischerweise schon einmal gefiltert und reflektiert worden. Dabei lasse ich bewusst Dinge weg, kürze sie ab oder überzeichne sie, der Unterhaltung wegen. Eine 1:1 Berichterstattung ist es nie. Das wäre mitunter auch langweilig.
Gibt es Grenzen? Ja klar! Es war lange ein Thema im ersten und zweiten Jahr des Blogs das da hieß: Wie gläsern will ich sein? Da dachte noch niemand an Facebook und Co., die die Daten abgreifen für und zu Geld machten. Es ging von dem Standpunkt aus, dass die ganze Welt mitlesen kann. Einerseits ein unglaublicher Kick und anderseits aber auch beängstigend. Meine Grenzen liegen heute ganz klar wo es intim wird und wo es Dritte betrifft, die sich nicht ausgesucht haben, im Blog verewigt zu werden, es sei denn ich habe ihre ausdrückliche Genehmigung.
Oh ha! Die größte Auswirkung war sicherlich als der ganze Skandal mit dem Fräulein im Spiegel ausbrach und ich ihr im Blog öffentlich meine Hilfe anbot. Ich hatte sie kurz davor in München kennengelernt. Der Sturm der im Blog ausbrach mit all den ekelhaften ‚rechtschaffenden Krähen‘ wie ich sie damals nannte, war zwar noch überschaubar aber heftig. Ich hatte aber die Kommentarfunktion so eingestellt, dass nichts im Blog erschien bevor ich es freischaltete. Und so bleib viel verspritztes Gift umveröffentlicht. Es war so als ob das Fräulein öffentlich zur Schlachtbank geführt wurde. Ich sah zum ersten mal die dunklen Auswüchse des Internet. Das machte mich rasend. Ja, es war nicht richtig was sie getan hat, aber sie öffentlich so hinzurichten hatte sie nicht verdient und ich konnte nicht anders als sie in Schutz nehmen.
Von einem Tag auf den nächsten hörte und sah man nichts mehr von ihr. Sie schloss ihr Blog und stellte ihr Twitter Konto auf Privat um. Ich will nicht wissen was für schreckliche Dinge sie überall über sich selbst lesen musste. Kurze Zeit später nahm sie sich das Leben.
Beim Zurückerinnern, als ich diesen Abschnitt schrieb, wurde mir ganz schwer ums Herz. Immer noch.
Die Auswirkung der ganzen Geschichte war, dass meine Leserzahlen derart in die Höhe schossen wie noch nie und sich dann aber auf einem sehr viel höheren Niveau einpendelten. So gesehen war das schön, aber ich hätte gerne darauf verzichtet, wenn es bewirkt hätte, dass das Fräulein heute noch unter uns wäre.
In der Linkliste hier im Blog steht sie immer noch mit ihrem Blog Read On My Dear, das zur Way Back Machine führt. Alles von ihrem Blog ist nicht mehr da. Aber große Teile kann man noch nachlesen soweit es abgespeichert ist.
Ich glaube er würde seiner damaligen Verzweiflung über das Gefühl, dass er sich selbst auf ein Abstellgleis manövriert hat, weniger Raum geben. Es war nämlich nie eines. Es war ein lang geschwungener Umweg. Er wäre sogar ein wenig stolz auf ihn, dass er beruflich dort hingekommen ist, wo er immer hin wollte, auch wenn das ein langer Weg war. Und er wäre sehr baff, dass er immer noch ein Blog schreibt, was von kleinauf sein Hobby war, als er Tagebücher für sich entdeckte.
Die Frage beschäftigt mich schon seit dem Anbeginn des Blogs, aber so konkret habe ich nie darüber nachgedacht.
Im Prinzip ist es eine Frage, die ich von anderen Bloglesern beantworten lassen müsste. Aber ich kann Vergleiche ziehen mit anderen Bloggern die ich ich lese, aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich. Da habe ich relativ gute Vergleichswerte.
Beim Schreiben ertappe ich mich oft dabei, wie ich Sätze ändere, weil sie mir zu Luxemburgisch klingen. Ich erkläre auch Wörter, wie unlängst Ham, Fritten an Zalot. Es gab mal eine Zeit, vor allem während der Pandemie, als ich größere Touren durch das Land machte und diese Ausflüge beschrieb, was man hier im Land sehen und erleben kann. Auf die vielen positiven Rückmeldungen hin, dachte ich oft daran das Blog in ein mehr touristisches Ding umzuwandeln und mir das eventuell bezahlen zu lassen. Nichtsdestotrotz empfinde ich mein Blog nicht landeseigentümlicher als andere. Zudem sind die Einflüsse von allen Ländern drumherum groß und Luxemburg ist nun mal sehr international und zugleich hat es etwas dörfliches im guten Sinne.
Es wäre schön wenn meine geschätzten Leser die Frage in den Kommentaren das beantworten könnten.